§ 20 SGB V Primäre Prävention und Gesundheitsförderung

Warum wurde der § 20 Primärprävention ins Leben gerufen?

In der heutigen Zeit stellen Bewegungsmangel, berufliche Überlastung, Tabak-, Alkoholkonsum und Ernährungsfehler maßgebliche Faktoren bei der Entstehung diverser Zivilisationskrankheiten dar. Da die medizinischen Behandlungserfolge bisher noch sehr überschaubar sind, wird eine Reduzierung der Krankheiten durch eine positive Veränderung der Lebensgewohnheiten der Erkrankten angestrebt.
Nach statistischen Erhebungen existiert ein signifikanter Zusammenhang zwischen Armut und Gesundheit, d.h., finanziell schwächer gestellte und minder gebildete Bevölkerungsgruppen betreiben statistisch betrachtet weniger Sport und weisen einen höheren Genussmittelkonsum auf. Die gesetzlichen Krankenkassen und der Staat fördern daher die Durchführung von Präventionskursen nach § 20 SGB V, um einer sozial bedingten Ungleichheit bei den Chancen auf eine gesunde Lebensführung entgegenzuwirken.

Was bedeutet der § 20 SGB V Primäre Prävention und Gesundheitsförderung?

Dieser Paragraph ist im Sozialgesetzbuch (Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung) verankert und verpflichtet die gesetzlichen Krankenkassen 80-100 % der anfallenden Kosten für einen Präventionskurs zu übernehmen. Die entsprechenden Leistungen sind von jeder Krankenkasse in ihrer Satzung verankert.

Welche Ziele verfolgt der § 20?

- Erkrankungsrisiko Diabetes mellitus Typ 2 senken
- Erkrankte so schnell wie möglich erkennen und behandeln
- Sterblichkeitsrate durch Brustkrebs minimieren
- Reduktion von Tabakkonsum
- Bewegung fördern
- Gesundheitlich relevantes Wissen vermitteln
- Gesundheit im Alter steigern
- Reduktion von Alkoholkonsum

Hand­lungs­felder und Präven­ti­ons­prin­zi­pien der individuellen verhaltensbezogenen Primärprävention

- Bewegungsgewohnheiten (Reduzierung von Bewegungsmangel durch gesundheitssportliche Aktivität; Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch geeignete verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungsprogramme)
- Ernährung (Vermeidung von Mangel- und Fehlernährung; Vermeidung und Reduktion von Übergewicht)
- Stressmanagement (Förderung von Stressbewältigungskompetenzen; Förderung von Entspannung)
- Suchtmittelkonsum (Förderung des Nichtrauchens; Gesundheitsgerechter Umgang mit Alkohol (Reduzierung des Alkoholkonsums)

Welche Voraussetzungen muss der Kursleiter eines Präventionskurses erfüllen?

Gemäß § 20 SGB V ist es nur möglich die entsprechenden Präventionskure anzubieten, wenn der jeweilige Kursleiter spezielle Grund- und Zusatzqualifikationen vorweisen kann. Diese Voraussetzungen sind sehr unterschiedlich (maßgeblich sind diese abhängig von den Handlungsfeldern und Präventionsprinzipien in denen sich der entsprechende Kurs bewegt) und werden im "GKV-Leitfaden Prävention" (Stand 2020) geregelt und beschrieben.

Welche Voraussetzungen muss ein bezuschusster § 20 Kurs erfüllen?

Jeder Kurs muss vom Anbieter im Vorfeld bei der Zentrale Prüfstelle Prävention (ZPP) eingereicht, genehmigt und zertifiziert werden. Für diese Zertifizierung gilt es einige, vom GKV-Spitzenverband vorgegebene Kriterien, zu berücksichtigen.
Ein kurzer Überblick:
- Nachweis der entsprechenden Grundlagenqualifikation bzw. grundlegenden Kompetenzen
- Nachweis der entsprechenden Zusatzqualifikation bzw. erweiterten Kompetenzen
- Nachweis der entsprechenden Einweisung in das Kurskonzept (Ziele und Zielgruppe, Inhalte, Methoden und Medien, Stundenzahl und Termine, Teilnehmerzahl, Kursgebühren; Detaillierte Kursbeschreibung aller Unterrichtseinheiten; Kursleitermanual und Teilnehmermaterial)

Durchführung von § 20 Präventionskursen

Die Durchführung von Präventionskurse ist in den verschiedensten Einrichtungen möglich. Die verantwortliche Person ist hierbei aber nicht die Einrichtung selbst, diese stellt lediglich die Räumlichkeiten zur Verfügung, sondern nur der Kursleiter.

Erstattung der Kursgebühren

Im Vorfeld der Maßnahme muss der Kursleiter von den Teilnehmern die Kursgebühr einfordern. Diese treten in Vorlage und beantragen im Nachgang bei ihrer Krankenkasse eine Rückerstattung der Gebühr. Dieser kann nur zugestimmt werden, wenn der Kursleiter und der von ihm/ihr angebotene Kurs eine Zertifizierung und Zulassung für den angebotenen Präventionskurs vorweisen kann.

Qualifikation der Kursleitung (Handlungsfeld Stressmanagement, Präventionsprinzip 2 – Förderung von Entspannung)

Die Bezuschussung von §20-Kursen im Hand­lungs­feld "Stressmanagement" (Präventions­prin­zi­p 2 "Förderung von Entspannung") seitens der Krankenkassen setzt zwingend eine entsprechende Qualifikation der Kursleitung voraus!

Grundqualifikationen (Kompetenznachweis) für unsere §20 Kurse "Hatha Yoga" und "Yoga Nidra"

Fachwissenschaftliche Kompetenz

1) Pädagogik, Psychologie (≥ 30 Stunden oder 1 ECTS-Punkt*)
- Grundlagen der Didaktik und Methodik, motivationelles Handeln, psychologische und pädagogische Grundlagen menschlichen Erlebens und Verhaltens (Lernen, soziale Prozesse), der Instruktion und Schulung
- Vermittlungstechniken in Theorie und Praxis
- Grundlegende Aspekte von Stresserleben in Bezug auf die Didaktik
- Transtheoretisches Modell der Verhaltensänderung
- Grundsätzliche Aspekte von Edukation im Kontext von Erkrankungen

2) Philosophie und Geschichte des Yoga (≥ 60 Stunden oder 2 ECTS-Punkte)
- Philosophische und historische Quellen und Bezüge des Yoga, insbesondere relevanter historischer Yogatexte
- Ethik: Yama und Niyama
- Wesentliche Schulen und Zweige der Yoga-Geschichte
- Einbettung in die Traditionelle indische Medizin, Aspekte des Ayurveda

3) Naturwissenschaftlich-medizinische Grundlagen (≥ 60 Stunden oder 2 ECTS-Punkte)
- Anatomie und Physiologie (Grundkenntnisse, u.a. Bewegungsapparat mit Gelenken, Funktionsketten, Faszien, Neuroendokrinologie, Psycho-Immunologie, Atemmechanik, Herz-Kreislauf-Regulation)
- Wesentliche weitere Organsysteme (Verdauung, Niere, Nervensystem inkl. Sinnesorgane)
- Gesunde Funktionsweise und ausgewählte stress-induzierte Krankheitsbilder (insbesondere stark prävalente chronische Erkrankungen einschl. chronischer Schmerzsyndrome)
- Physiologische, neurobiologische und psychologische Erklärungsmodelle (Faszien, Bewegungskoordination,
- Atemkoordination, sensorisches Lernen
- Neurobiologie von Meditation
- Konzept der Mind-Body Medizin und Relaxation Response
- Biopsychosoziales Modell einschließlich Salutogenese

4) Medizin (≥ 30 Stunden oder 1 ECTS-Punkt)
- Aktueller Stand der Grundlagen- und klinischen Forschung zu Yoga, einschl. Asana, Pranayama und Meditation
- Relevante Aspekte aus dem psychologischen, neurowissenschaftlichen und sportmedizinischen Bereich

Fachpraktische Kompetenz

5) Yoga Praxis für Gesunde (≥ 180 Stunden oder 6 ECTS-Punkte ausschließlich in Präsenz)
- Yoga-Praxis bezüglich Asana, Pranayama, Meditation mit vertiefter Selbsterfahrung** und Schulung in Anleitung und Beratung. Hierbei zunächst generelle Kenntnisse und Praxis zu den drei Bereichen sowie Kompetenz des Yoga für Gesunde
- Vermittlung der wesentlichen Asanas in Theorie und Praxis (ggf. Verwendung von Hilfsmitteln) sowie ihrer möglichen spezifischen Wirkungen, möglichen Verletzungsrisiken, Hauptwirkungen und Kontraindikationen
- Wesentliche Techniken des Pranayama mit spezifischen Wirkungen, möglichen Nebenwirkungen Kontraindikationen
- Wesentliche Meditationstechniken mit Hauptwirkungen, möglichen Nebenwirkungen und Kontraindikationen
- Mögliche Interaktionen und Synergien mit anderen Techniken der Entspannung, Spannungsregulation, Bewegung
- Aspekte von und Interaktion mit Ernährung
- Spezifische Aspekte hinsichtlich verschiedener Lebenslagen von Teilnehmenden (z.B. Schwangerschaft, Alter)

6) Yoga Praxis und Krankheit (≥ 90 Stunden oder 3 ECTS-Punkte ausschließlich in Präsenz)
- Yoga-Praxis bezüglich Asana, Pranayama, Meditation mit Schulung in Anleitung und Beratung für wesentliche Krankheitsbilder, insbesondere chronische Rücken-, Nacken-, Kopfschmerzen, Rheuma, Arthrose, chronische neurologische Erkrankungen, Krebserkrankungen, Depression, Bluthochdruck und Herz-Kreislauferkrankungen, Asthma sowie Darmerkrankungen
- Mit Fokus auf krankheitsspezifische Aspekte: Vermittlung der wesentlichen Asanas in Theorie und Praxis (ggf. Verwendung von Hilfsmitteln) sowie ihrer möglichen spezifischen Wirkungen, möglichen Verletzungsrisiken, Hauptwirkungen und Kontraindikationen
- Wesentliche Techniken des Pranayama mit spezifischen Wirkungen, möglichen Nebenwirkungen, Kontraindikationen
- Wesentliche Meditationstechniken mit spezifischen Hauptwirkungen, möglichen Nebenwirkungen und Kontraindikationen
- Mögliche Interaktionen und Synergien mit anderen Techniken der Entspannung, Spannungsregulation, Bewegung
- Interaktion mit Ernährung

Fachübergreifende Kompetenz

7) Grundlagen der Gesundheitsförderung und Prävention (≥ 30 Stunden oder 1 ECTS-Punkt)
- Strategien und Handlungsfelder der Gesundheitsförderung
- Konzepte von Gesundheit und Krankheit

*ECTS-Punkte: 1 ECTS-Punkt wird gleichgesetzt mit 30 Arbeitsstunden.
**Unter dem Modul „Selbsterfahrung“ ist eine reflektive Selbsterfahrung (d.h. die (Selbst-)Reflexion zu dem Thema Hatha Yoga) im Rahmen der im Fokus stehenden Programmeinweisung zu verstehen. Eine Teilnahme an einem Präventionskurs ist nicht anerkennungsfähig.